Die Philosophie

Warum Live-Rollenspiele?

Der Einfluss der neuen Medien auf Kinder und Jugendliche nimmt zu. Den Umgang mit Computern und Multi-Media-Geräten einzuschränken wird immer schwieriger, in einer Welt, in der Arbeiten um und am Bildschirm immer wichtiger werden. Kindern und Jugendlichen, die sich im Übermaß virtuell bewegen, mangelt es an Verknüpfungen im Gehirn, die zur Orientierung in der realen sozialen Welt benötigt werden. Und da diese Verknüpfungen nur durch erlebte Erfahrungen in eben dieser Welt entstehen, wollen wir derartige Erlebnisse schaffen und somit die Entwicklung der Kinder fördern.

Während sich für die Generationen der Eltern und Großeltern die Frage stellte, wie man die Kinder bei einsetzender Dämmerung nach Hause bekam, bleibt heute oft die Frage. Wie bekommen wir unsere Kinder nach ‚Draußen‘.

Wir holen die Kinder und Jugendlichen dort ab, wo sie stehen. Wir nutzen ihre größte Stärke – zugleich auch ihre größte Schwäche: Die Neugier, die Lust am Abenteuer etwas Neues zu entdecken, es zu erforschen, zu erfassen und zu erleben.

Rollenspiele als Freizeitvertreib, am Tisch mit Papier, Stift und Würfel, eventuell sogar mit einem Spielbrett gibt es seit den späten 1960er Jahren. Doch auch davor, selbst vor den Zeiten von Fernsehen, Radio und Kino, haben Menschen sich in Erzählabenden, inspiriert Büchern, Geschichten und Liedern, in eine virtuelle Welt weggeträumt und wegerzählt. Was den Einen als Eskapismus fremd und ungewöhnlich erscheint, ist den Anderen ihre liebste Flucht in die Phantasie. Eines ist sicher: auch wenn jedes neue Medium – egal ob Buch, Film, Radio oder TV – zu seiner Zeit schlecht geredet wurde, so hat sich mit der Zeit doch gezeigt: geschadet haben sie selten.

Gemeinsames Geschichten-Spielen unter Freunden und in der Gruppe hat lange Tradition. Wer hat kennt sie nicht, die klassischen Spiele unser aller Kindheit: "Vater, Mutter, Kind", "Cowboy und Indianer" oder "Räuber und Gendarm". In den 1980er Jahren schließlich entwickelte sich – unabhängig und noch nicht von der Vernetzung durch das Internet gefördert – in verschiedenen, vor allem europäischen Ländern eine neue Form des Rollenspiels, das Live-Rollenspiel (kurz LARP für Live Action Role Playing).

Im Grunde nichts anderes, als die alten Kinderspiele‚ nur jetzt mit Kostümen und Requisiten - und für Erwachsene. Plötzlich fingen erwachsene Menschen an Burgen und Zeltplätze zu bevölkern und in den Rollen und Kostümen von Magiern, Rittern und Amazonen mit Polsterschwertern Schlachten darzustellen.

Das Hobby erfreut sich seit dem immer größerer Beliebtheit, nicht unerheblich durch Filme und Bücher wie "Harry Potter", "Narnia", "Eragon" und allen voran "Der Herr der Ringe" inspiriert. Die jungen Live-Rollenspieler der 1980er und 1990er führen ihren eigenen Nachwuchs an das Hobby heran und eine nicht unerhebliche Anzahl von Pädagogen integrieren Larp in ihre Arbeit. In Dänemark gibt es in den meisten Jugendclubs mittlerweile Larp-Angebote, ein Internat in Hobro (Dänemark) bestreitet den Schulunterricht komplett mit Larp und die Schüler erzielen dabei keine schlechteren Ergebnisse in den landesweit genormten Abschlusstests.

Und auch wenn Larp mittlerweile nicht nur das (pseudo)-Mittelalter, sondern auch die Post-Apokalypse, den Wilden Westen und den Weltraum erobert hat, so ist die Faszination die von fantastischen Helden wie Rittern und Magiern ausgeht, nun mal nicht wegzureden - und auch mit keinem PC-Spiel zu ersetzen.

Im Kontext von Live-Rollenspielen lassen sich eine Menge unterschiedlicher Lernfelder so "ganz nebenbei" transportieren. Vieles, was wir als Pädagogen normalerweise nur schwer an die Kinder und Jugendlichen herantragen können, wird hier quasi aufwandfrei mitgenommen. Dies umfasst nicht nur körperliche Fähigkeiten und Fitness, kreatives und bastlerisch-handwerkliches Potential, sondern auch diverse Softskills und soziale Kompetenzen. Viele dieser Lernfelder, die häufig mit großem Aufwand "von außen" motiviert werden, erscheinen den Teilnehmern im Kontext von Larp als absolut selbstverständlich erstrebenswert. Kinder sind in der Lage, ihre Lieblingsfilme mitzusprechen und Comics oder Bücher textsicher zitieren zu können, während es ihnen schwer fällt den Unterrichtsstoff einer Mathestunde vom Vormittag, desselben Tages wiederzugeben. Was Spaß macht lernst sich ein Vielfaches besser. Deshalb ist Larp ein Schlüssel zur positiven Entwicklung unserer Kinder.

Die Kinder und Jugendlichen bekommen gleichermaßen ein direktes Feedback zu ihrem Verhalten – nicht nur von Erwachsenen sondern vielmehr auch von Gleichaltrigen - wie auch ein, durch das Spiel bzw. den sich daraus ergebenden Umständen, hohes Maß an Eigenverantwortung. Live-Rollenspiele vereinen die Vorteile eines weiten Übungsfeldes, in dem Entscheidungen und Taten Auswirkungen und echte Konsequenzen haben, mit dem Rahmen eines betreuten und geschützten Rahmen - in dem doch alles nur ein Spiel ist.

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